NORDDEUTSCHER SCHÜTZENBUND VON 1860 e.V.
 

DM in München

Zwei Nordlichter mit Behinderungen starten bei Sportschützen-DM in München – Reinfelderin Anja Simonsen und Malenterin Barbara Kathe schießen liegend im Sitzen

Für zwei gestandene Frauen aus Schleswig-Holstein geht es demnächst auf die Reise nach München zu den Deutschen Meisterschaften der Sportschützen, die mit rund 6000 Teilnehmern von 17. bis 27. August stattfinden. Unter den gut hundert Vertretern aus den Vereinen des Norddeutschen Schützenbundes an sich nichts Ungewöhnliches. Allerdings schon, wenn man die Lebenswege von Anja Simonsen (54) aus Reinfeld und Barbara Kathe (56) aus Hohenfelde bedenkt. Beide schießen als körperlich Behinderte im Para-Schießsport und freuen sich, dass sie wieder die Qualifikation zur DM geschafft haben. Nach den erlittenen Schicksalschlägen fanden beide ihren Lebensmut wieder und sagen heute übereinstimmend: „Das Leben musste doch weitergehen“.

Barbara Kathe freut sich riesig auf ihren zweiten Start in München. Möglichst an zwei Trainingstagen geht es aus Hohenfelde zum Malenter Schießstand. Vom Pkw geht es zunächst in einen Rollstuhl, dann ins Schützenhaus. Barbara, die einfach gern „Bibi“ genannt werden möchte, hat bis vor Monaten noch ohne Rollstuhl mit zwei Unterarmstützen den Weg allein beschritten. Das geht nicht mehr. Ihr Mann Bernd ist zuverlässiger und stets ruhiger Begleiter, trägt den Waffenkoffer und das Zubehör, das einfach für die Ausübung von eingeschränkten Schießsportlern notwendig ist.

Barbara Kathe wird von den bereits übenden Vereinsmitgliedern freudig begrüßt. Sie hat ein so gewinnendes Lächeln, eine Freundlich- und Fröhlichkeit. Das alles steckt einfach an. Wie kann „Bibi“ Kathe mit nur einem Bein ihren geliebten Schießsport praktisch ausüben? „Ich wurde als Kind rückschauend damit erstaunlich gut fertig, wollte ich doch wieder auf mein geliebtes Pferd zurück. Natürlich wurde ich nach Verlust meiner Haarpracht durch die Chemo-Behandlungen schon mal in der Schulkasse gehänselt. Aber auch da gewann ich stets Lebenszuversicht und hab so manchem frechen Jungen schon mal die Grenzen aufgezeigt“, sagt sie lächelnd und lässt sich von ihrem Mann Bernd einen „Eierbecher“ in den Lauf des Luftgewehres legen. Der darf das demnächst sogar auf der Olympia-Anlage in München. Anerkannter Ladehelfer ist die Bezeichnung im Behinderten-Schießsport.

Ihren Mann Hans-Hermann hat auch die Reinfelderin Anja Simonsen als Ladehelfer dabei, wenn es nächste Woche nach München geht. „Der Schießsport bietet jungen und älteren Mitgliedern der Schützenvereine eine gute Möglichkeit, sich zu betätigen. Laufen oder etwa Handball gingen einfach nicht, als ich bereits im sechsten Lebensjahr durch einen Herzfehler einen Schlaganfall erlitt“, sagt Anja Simonsen. Die halbseitige Lähmung habe sich über die Jahre etwas verbessert, Probleme habe sie heute mit dem linken Arm. „Aber jammern ist keine Lösung. Ich fand im sportlichen Schießen eine Befriedigung, habe Wettkämpfe und Meisterschaften im Wechsel für den Schützenverein Klein Wesenberg und den Schützenverein Reinfeld bestritten.“ Anja Simonsen hat bei der DM seit 2011 bereits ihrem siebten Auftritt. „Ich trainiere derzeit einmal die Woche oder zweimal, meine Möglichkeiten sehe ich gegen die Besten Starter der entsprechenden Para-Klasse realistisch. Vor einem Jahr lief es nicht so gut, aber eine muss ja Letzte sein“, sagt sie lachend. „Das soll unter den zugelassenen 25 Frauen und Männern nicht wieder vorkommen.“

Die in Reinfeld lebende Hausfrau Anja Simonsen, die sich ehrenamtlich in einer Schulmensa einbringt, freut sich auf die Begegnung mit Barbara Kathe vom SV Malente. „Wir kennen uns gut und mögen uns. Tauschen natürlich unsere Erfahrungen mit den zulässigen Hilfsmitteln aus und geben uns Tipps.“ Beide starten zur selben Zeit am 28. August um 11.55 Uhr in der Para-Disziplin Luftgewehr liegend, erklärt Simonsen. Wer die Landesreferentin für den Para-Schießsport „Bibi“ Kathe und ihre NDSB-Mitreisende aus Reinfeld beim Training zuschaut, muss aber erst einmal nachfragen: „Ist das wirklich Liegendschießen?“ Anja Simonsen erklärt. „In der Behindertenklasse SH2/AB2 mit Hilfsmitteln gibt es einen durchaus wackeligen Federbock als Gewehrauflage und ein Tischchen, auf den wir unsere Ellenbogen aufstützen müssen.“ Aber „Liegendschießen“ nach den Regeln sei es dennoch. Barbara Kathe, die übrigens auf Landes- und Bundesebene Referentin für den Para-Schießsport ist, legt Wert auf die Feststellung: „Männer und Frauen starten in einer Wettkampfklasse. Da sind wir mal richtig gleichberechtigt.“


Wer mit körperlicher Einschränkung Interesse am Schießsport hat, kann sich an Barbara und Bernd Kathe als Landesreferenten des NDSB für den Para-Schießsport wenden. Telefon 04365-665 oder Mail:  para-schiesssport@ndsb-sh.de oder die Internetseite https://www.ndsb-sh.de/sport/para-schiesssport aufrufen.


 

 

Dies ist eine Werbebanner.
Dies ist eine Werbebanner.