NORDDEUTSCHER SCHÜTZENBUND VON 1860 e.V.
 

Abschied aus dem DSB-Kader

Nach 24 Jahren endete für die stets sympathische und freundliche Trapschützin Sonja Scheibl vom Itzstedter SchV (Segeberg) 2021 die internationale Karriere im DSB-Kader.

Bereits als 18-jährige Abiturientin gewann sie sensationell mit ihren Mannschaftskameradinnen Susanne Kiermeyer und Silke Hüsing bei der Weltmeisterschaft 1998 in Barcelona die Bronzemedaille in der Damenklasse. Bei dem überwältigenden Empfang für die Bronzemedaillengewinnerin sagte der damalige Vereinsvorsitzende Peter Reese: „Sonja Scheibl hat unseren kleinen Verein im Kreis Segeberg in die Welt getragen.“

Nur ein Jahr später gewann Sonja Scheibl bei der Weltmeisterschaft in Tampere (Finnland) in der Juniorenklasse die Bronzemedaille.

Trainingsfleiß, mentales Training und positives Denken waren der Schlüssel für ihre über zwei jahrzehntelangen Erfolge auf internationaler Bühne. Selbst wenn ein Wettkampf mal nicht optimal lief, lernte sie aus diesen Erfahrungen.

1992 ist Sonja als 13-Jährige in den Itzstedter SchV eingetreten, dem sie als Heimatverbundende heute noch die Treue hält.

Angefangen hat sie mit Luftgewehr Freihandschießen, aber das war nicht ihr Ding. Immer nur auf eine fixierte Scheibe zu schießen war ihr zu langweilig.

Ihre Eltern Heidi und Gert Günter schossen im Verein Trap und Doppeltrap, also probierte auch sie diese Disziplinen aus. Das machte ihr richtig Spaß. „Die Kombination aus Reaktion, Konzentration und Bewegung unter freiem Himmel ist das Spannende und Faszinierende am Trapschießen“, so Sonja Scheibl.

Weil sie noch nicht 18 Jahre alt war legte sie mit einer Sondergenehmigung los und konnte durch sehr viel Trainingsfleiß schnell gleich Erfolge feiern.

Nach dem Abitur begann sie 1999 in Norderstedt die Ausbildung zur Tischlerin. Eigentlich hatte die Hobbymalerin die Tischlerei nur als Sprungbrett für ihr Berufsleben gesehen, aber schnell merkte sie, dass ihr die kreative Arbeit mit Holz sehr gefiel. Daher lag es auch nahe, dass sie den Schaft ihrer Flinte Beretta 682 selbst zurecht schliff. „Der Beruf gibt mir die innere Ruhe, die beim Schießen ja sehr wichtig ist“, sagt Sonja Scheibl.

2010 hat sie trotz ihrer Ausbildung zur Tischlermeisterin bei wenig Training und nur internen Ausscheidungsschießen des DSB der National-Mannschaft bei der Europameisterschaft in Kazan (Russland) die Goldmedaille gewonnen. Nur einen Monat später wurde sie Deutsche Meisterin im Trapschießen. Insgesamt gewann Sonja Scheibl bisher fünfmal den nationalen Titel im Trap und dreimal im Doppeltrap.

2011 legte sie die Tischler-Meisterprüfung ab, als Klassenbeste unter all den Männern. Ende 2013 hat sich Sonja Scheibl selbständig gemacht, seitdem arbeitet sie drei Tage in ihrem Betrieb und drei in der Möbeltischlerei Adam. Wie vielseitig ist, zeigt sich an der weiteren Ausbildung in 2014 als Elektrofachkraft. 2020 kündigte sie bei der Möbeltischlerei Adam und konzentrierte sich voll auf ihre eigene Tischlerei.

Beim Weltcup in London 2012, der auch ein Ausscheidungsschießen für Olympia war, hatte Sonja gegenüber ihren Nationalkaderschützinnen Jana Beckmann und Katrin Quooß trotz eines fatalen Fehlers einen kleinen Vorsprung raus geschossen. Dann das Missgeschick: Als es beim Wettkampf Bindfäden regnete, deckte sie ihre Flinte mit einem Handtuch ab, als sie dann dran war, vergaß sie glatt das Laden. Sie gab das Kommando ab, aber es kam nichts aus der Flinte. Also wurde ihr ein Fehler angekreidet. Dennoch flog sie mit positiver Einstellung und voll Selbstvertrauen nach Zypern zur Europameisterschaft, und dem letzten Ausscheidungsschießen für Olympia. Einmal mehr zeigte Sonja Scheibl ihre Qualitäten als Kämpferin und qualifizierte sich für die Olympischen Spiele in London 2012. Das war für sie natürlich der sportliche Höhepunkt, am bedeutendsten Sportereignis der Welt teilzunehmen. „Es war, obwohl ich mit dem 17. Platz unter meinen Möglichkeiten blieb, fantastisch“, schwärmt Sonja Scheibl heute noch.

Der Bundestrainer Wilhelm Metelmann meinte damals: „Wenn Sonja mehr trainieren würde, könnte sie in ganz anderen Regionen schießen.“ Aber für Scheibl ging ihr Beruf immer vor, denn von ihrem Sport könne kein Schütze leben. „Ich bin reine Amateurin und werde es auch bleiben, dafür liebe ich meinen Beruf zu sehr. Mein Schießen ist professionelles Hobby“ so Sonja schmunzelnd.

Das Trapschießen gehört zu den ältesten Disziplinen der Olympischen Spiele. Bereits bei den zweiten Spielen in Paris 1900 wurde das Trapschießen ins Olympiaprogramm aufgenommen.

Als sie freudestrahlend ihren damaligen Vereinsvorsitzenden Günther Kaste anrief, um ihm die Qualifikation für die Olympische Spiele mitzuteilen, sagte dieser: „Du bist einfach der Stolz des Itzstedter SchV und eine Vorzeigeschützin.“

Ganz besonders stolz war natürlich auch ihr Chef Klaus-Peter Adam von der Möbeltischlerei Adam, der ihr immer wieder für Sichtungen und Wettkämpfe Urlaub gegeben hat. Adam: „Ich war selbst mal Handball-Sportler, daher habe ich ein Gefühl dafür, was Sport für einen erfolgreichen Menschen bedeutet.“  Sonja Scheibl ist ihm sehr dankbar, dass er über all die Jahre ihre sportliche Kariere unterstützt hat.

Ab 2002 erhielt sie eine Förderung durch die DSB-Stiftung Egidius Braun über die deutsche Sporthilfe. Dies konnte sie gut gebrauchen, denn die Ausrüstung, die physiotherapeutische Betreuung und Reisen verschlangen eine Menge Geld. Im April 2013 wurde sie in das LSV-Schleswig-Holstein-Team aufgenommen, erhielt von dort eine finanzielle Unterstützung. Zusätzlich Mittel erhielt sie in ihrem Kreis Segeberg durch die Hesebeck-Stiftung. Dafür war und ist sie auch sehr dankbar, denn nur durch die finanziellen Hilfen konnte sie über Jahrzehnte ihre sportlichen Erfolge bringen.

2014 fertigte ihr Sponsor Beretta eine maßgeschneiderte Flinte, mit der sie sich gleich vertraut fühlte. „Die lag gleich hervorragend in der Hand“, schwärmt Sonja Scheibl.

Beim Auftakt der Weltcupsaison 2016 in Rio de Janeiro, wo gleichzeitig intern um das begehrte Olympiaticket gekämpft wurde, kam es zu einigen Schwierigkeiten. „In das Flugzeug durften die Schützen nur fünf Kilogramm Munition mitnehmen, das reicht gerade für den Vorkampf“, erinnert Sonja Scheibl. „Wenn man Glück hatte, gab es die gewohnte Munition zu kaufen, manchmal mussten wir aber auch auf andere Sorten ausweichen, das kannten wir schon von anderen Wettkämpfen. Aber dass zum Training unsere Munition nicht da war oder nicht rausgegeben wurde, war schon ein Ärgernis“. Da die Anlage auf einem Militär-Areal lag und das Militär erst die Genehmigungen zum Verkauf geben musste, kam es zu erheblichen Verzögerungen. „Das hatte ich bisher auch noch nicht erlebt“, so Sonja Scheibl. Trotz dieser Kuriosität gewann Sonja Scheibl in einer wahren Hitzeschlacht die Bronzemedaille und blieb damit im Rennen um die Olympiaqualifikation.

Leider verpasste Sonja in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku im entscheidenden Wettkampf um das begehrte Ticket gegen Jana Beckmann ihre zweite Olympiateilnahme. Selbstverständlich hätte ich mich gerne für Rio qualifiziert, aber 2016 war sportlich sehr anstrengend. „Ich war einfach platt und die Luft war raus“, so Sonja Scheibl.

Trotz der knapp verpassten Qualifikation zu Olympia war 2016 das erfolgreichste Jahr für die Itzstedterin. Auf Zypern gewann sie beim Weltcup mit Silber ihre zweite Weltcupmedaille im Jahr 2016. Und durch ihre guten Leistungen qualifizierte sie sich wie auch schon 2011 für das Weltcupfinale in Rom. Zudem war sie einige Wochen Weltrangliste-Dritte.

Da beim Trapschießen zwischen den einzelnen Durchgängen manchmal ein paar Stunden liegen, entspannt Sonja Scheibl beim Malen. Sie ist eine begeisternde Hobbymalerin, und das kann sie wirklich exzellent. Bei den langen Reisen zu den internationalen Wettkämpfen ist ihr Laptop immer dabei. Da schreibt sie dann Angebote und Rechnungen, „denn Büroarbeiten müssen ja auch sein“, sagt die Geschäftsfrau.

Sonja Scheibl hat in ihren 24 Jahren Zugehörigkeit zum Bundeskader oft bewiesen, dass sie die beste Deutsche in den hochkarätigen internationalen Wettbewerben war.

Ihre letzte internationale Medaille gewann sie bei der Europameisterschaft 2018. In österreichischen Leobersdorf holte sie mit ihren Mannschaftskameradinnen Katrin Quoost und Sarah Bindrich die Silbermedaille.

Bei der Europameisterschaft 2021 im kroatischen Osijek wollte die 41-Jährige es noch einmal wissen und sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren. Doch nach drei Durchgängen lag sie abgeschlagen auf dem 27. Platz. Damit war sie zwar zum wiederholten Mal beste Deutsche, aber das Finale war nicht mehr zu erreichen.

Ihre Vorgabe war im letzten Jahr vom Trap-Bundestrainer Uwe Möller, dass sie sich für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio qualifiziert, sonst müsste sie den Bundeskader verlassen. Dann kam die Corona-Pandemie, die Spiele wurden auf 2021 verlegt. Da sie die Zielvorgabe nicht erreichte ist für Sonja Scheibl die Zeit im Deutschen Schützenbund Geschichte. Auch wenn Sonja Scheibl, wie sie selbst sagt jetzt in „Sportrente“ geht, werden wir sicherlich noch von der Vorzeigeschützin aus Itzstedt einiges hören.

Der Kreisschützenverband Segeberg hat mit Stolz auf seine Ausnahmeschützin Sonja Scheibl geschaut. Neben den herausragenden sportlichen Leistungen hat Sonja auch die Schützentradition nicht aus den Augen verloren. Viele Veranstaltungen in Ihrem Heimatverein hat sie durch Ihre Teilnahme geprägt. Der Kreisschützenverband wünscht Sonja Scheibl weiterhin viele sportliche Erfolge auf nationaler Ebene.

Der Norddeutsche Schützenbund dankt Sonja Scheibl für ihre sportlichen Leistungen auf internationaler Ebene und hofft dass die selbsternannte „Sportrentnerin“ auf nationaler Ebene noch viele Erfolge feiern kann und weiterhin neben ihrer selbstständigen Tätigkeit den Spaß am Schießsport beibehalten kann.

 

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